30.04.2024 / Im dritten Video-Interview aus der Zusammenarbeit von thebroker und The INGAGE Institute mit der Psychologin Florence von Gunten, der Gründerin und CEO von «YLAH», geht es um geistige Gesundheitsprobleme.
Unter psychischer Gesundheit versteht man den Zustand der Psyche oder die Gesundheit des Gehirns. Man kann mehr oder weniger psychisch gesund oder krank sein. Weltweit ist etwa ein Drittel bis fast die Hälfte aller Menschen im Laufe ihres Lebens von einer psychischen Störung betroffen. Diese liegt vor, wenn man einen bestimmten Schweregrad von Symptomen über einen gewissen Zeitraum empfindet. Eines der grössten Risiken ist Stress. Ein hohes Stressniveau führt dazu, dass Menschen mehr Symptome entwickeln, und hängt von der Person und von ihrer Veranlagung ab. Bei manchen Personen äussert sich ein hohes Stressniveau beispielsweise in Angstzuständen und bei anderen eher in depressiven Symptomen, die variieren können.
Gehören Burnouts zu den mentalen Risiken und wie erkennt man sie?
Ein Burnout kann durch hohen Stress, vor allem im Arbeitsumfeld, ein Ausmass annehmen, dass man sich depressiv, ängstlich und ausgebrannt fühlt. Man ist erschöpft in seiner Fähigkeit, Leistung zu erbringen. Um herauszufinden, ob man an einem Burnout leidet, gibt es verschiedene einfache Tests im Internet. Florence von Gunten würde sich nicht auf diese verlassen. Um eine Diagnose zu stellen, braucht es eine Fachperson.
Wer sich über einen Zeitraum von zwei Wochen oder länger schlecht fühlt, sollte sich zunächst an die Hausarztpraxis wenden. Spätestens, wenn man das Gefühl hat, dass man auch in seinem sozialen Verhalten eingeschränkt ist, die familiären Beziehungen und die Arbeitsfähigkeiten beeinträchtigt sind, sollte eine Fachperson aufgesucht werden.
Womit kann einem Burnout vorgebeugt werden?
Psychische Probleme sind hauptsächlich auf hohen Stress zurückzuführen. Alles, was getan wird, um den Stresspegel zu senken, ist also gut und hilft, psychische Störungen zu vermeiden. Für manche Menschen kann das Yoga sein, Joggen oder Ausgehen. Für andere ist es, auf dem Sofa ein Buch zu lesen. Jeder Mensch sollte versuchen für sich selbst herauszufinden, was Ihm oder Ihr gut tut und hilft, Stress abzubauen. Dies sollte gerade in Zeiten von Stress oder hoher Arbeitsbelastung häufig praktiziert werden.
Psychische Probleme verursachen hohe Kosten bei den Versicherungen
Durch die Verringerung von Stress und die Vorbeugung von psychischen Störungen können langfristige und schwere psychische Erkrankungen vermieden werden, die im Krankenkassen-System hohe Kosten verursachen. Mittels Vorbeugung können Kosten gespart werden. Es gibt etliche Studien, die beweisen, dass durch Prävention viel Geld gespart werden könnte
Transformationen in der Psychotherapie
Ein wichtiger Teil der Psychotherapie besteht darin, die Probleme zu verstehen, die Menschen haben. Therapie bedeutet, dass man über das eigene Verhalten, Denkweisen und Gefühle nachdenkt und erst versucht zu verstehen, was das Problem ist. Darauf aufbauend kann überlegt werden, welche Interventionen dazu passen. Die zentrale Frage ist, mit welchen Interventionen man also beginnen kann, bestimmte Weisen zu unterbrechen, die zu einem schlechten Gefühl oder einer schlechten Erfahrung führen.
Es ist harte Arbeit, denn es bedeutet, dass man sich in seinem täglichen Leben ändern muss, was nie einfach ist. Man muss offen sein, neue Dinge auszuprobieren. Sei es, dass man anfängt, sich mehr körperlich zu betätigen oder gewisse Dinge verändert. Das braucht Zeit und Anstrengung.
Wie funktioniert «YLAH»?
«YLAH» findet im täglichen Leben des Patienten statt, also zwischen den Sitzungen. Es werden zum Beispiel Übungen vermittelt, wie man auf eine positivere Art und Weise umdenkt. Es können auch Beobachtungsaufgaben sein: Was passiert mit den Gedanken, Gefühlen, der Körperreaktionen, wenn man in einer Konfliktsituation ist?
Diese Reflexionen können helfen, in einem Konflikt ein tieferes Stressniveau zu empfinden. Dadurch ist man wiederum besser in der Lage, Ideen zu erweitern und eine konstruktive Lösung zu finden. Es ist wichtig, dies im täglichen Leben anzuwenden und sich selbst die Möglichkeit zu geben, viel zu üben.
Welche Auswirkungen hat Social Media?
Es gibt viele Beweise dafür, dass soziale Medien einen Teil des Stresses verursachen, den wir im Alltag erleben. Weil es beispielsweise Mechanismen wie den sozialen Vergleich auslöst, der unseren Selbstwert senken und eine Menge Stress verursachen können.
Florence von Guten: Gründerin des Start-ups «YLAH»
Florence von Gunten ist Gründerin und CEO von «YLAH – Blended Psychotherapy». YLAH entwickelt eine medizinische Software, die in der Psychotherapie oder dem Gesundheitscoaching eingesetzt werden kann. Die Fachperson wendet diese Software zusammen mit der Patientin oder dem Patienten an. Es handelt sich dabei um ein gemischtes (blended) Setting aus Vor-Ort-Sitzungen und Online-Psychotherapie und fördert die Anwendung der Therapie auch zwischen den Sitzungen. Die Therapie findet also nicht nur in der Therapiesitzung statt, sondern der Therapeut kann der Patientin oder dem Patienten über die App bestimmte Übungen, Fragebögen und Journale auf das Handy laden.
Geschäftsmodell und Zukunft
Das Geschäftsmodell von «YLAH» ist B2B. Das heisst das Start-up verkauft seine Lösung an psychiatrisch-psychotherapeutische Institutionen, um sie ihren Patienten anzubieten. Es existieren Angebote im stationären und im ambulanten Bereich. Im ambulanten Bereich werden Gemeinschaftspraxen, aber auch Einzeltherapeuten angesprochen. «YLAH» ist überzeugt von dieser neuen Methodik, das höhere Effektivität und auch Kosteneffizienz in diversen Studien bewiesen hat.
Im Vergleich zu anderen Apps ist «YLAH» für den klinischen Einsatz vorgesehen, also bei Patienten, bei denen eine Krankheit diagnostiziert wurde. Mit «YLAH» bekommt der Patient Anleitung und Unterstützung von einer Fachperson. In dieser Nische der blended Psychotherapie als Medizinproduktesoftware ist das Start-up der erste Anbieter in der Schweiz.
Ziele von «YLAH» für die nächsten Monate
Das Hauptziel ist das Produkt als Medizinprodukt zu zertifizieren. Die Entwicklung der Software ist abgeschlossen. Der wichtigste Meilenstein in Q2 ist die Registrierung bei Schweizer Ärzten. Einmal geschafft, wird «YLAH» frei sein für den schweizerischen und europäischen Markt, denn bisher waren alle Anwendungen, im Rahmen von Forschungs- und Pilotversuchen.
Binci Heeb